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Vermittlungsverfahren zum Wachstumschancengesetz vorerst gescheitert
Zunächst hatte der Bundestag in seiner Sitzung Mitte November 2023 das Wachstumschancengesetz mit wesentlichen Änderungen zum Regierungsentwurf in zweiter und dritter Lesung beschlossen und ist damit teilweise auf den Beschluss und die Änderungsvorschläge des Bundesrates eingegangen. Es wurden auch positive Anpassungen im Vergleich zum Regierungsentwurf aufgenommen, für die sich der BDI sowohl im Rahmen der Stellungnahme als auch bei der Anhörung im Finanzausschuss eingesetzt hat:
- Streichung der Zinshöhenschranke: Als Ersatz soll, wie vom Bundesrat gefordert, eine Überarbeitung der Fremdvergleichsgrundsätze erfolgen.
- Streichung der Anti-Fragmentierungs-Regelung bei der Zinsschranke.
- Im Rahmen der Investitionsprämie sollen nunmehr auch nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten gefördert werden. Allerdings ist zu beachten, dass das Inkrafttreten der Klimaschutz-Investitionsprämie um zwei Monate auf den 1. März 2024 verschoben werden soll.
- Der allgemeine Übergangszeitraum zur Einführung der eRechnung soll um ein Jahr verlängert und die Möglichkeit geschaffen werden, andere strukturierte elektronische Formate zu nutzen.
- Der Status quo im Grunderwerbsteuergesetz soll zunächst für das Jahr 2024 befristet fortgeführt werden. Die hierdurch gewonnene Zeit soll dafür genutzt werden, dass die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern die Prüfung des Anpassungsbedarfs des Grunderwerbsteuergesetzes intensiv fortsetzt.
- Für energetische Gebäudemaßnahmen (§ 35c Einkommensteuergesetz), die nach dem 31. Dezember 2023 begonnen wurden und die vor dem 1. Januar 2026 abgeschlossen sind, erhöht sich die Steuerermäßigung von sieben auf 10 Prozent für zwei Kalenderjahre.
Neben der Verschärfung der Fremdvergleichsgrundsätze sind vor allem die folgenden Verschärfungen zu kritisieren:
- Der Verlustrücktrag soll für die Veranlagungszeiträume 2024 und 2025 bei zehn Millionen Euro verbleiben, wird danach jedoch auf fünf Millionen Euro gesenkt.
- Beim Verlustvortrag wird die Senkung der Mindestbesteuerung von den ursprünglich vorgesehenen 20 Prozent auf 25 Prozent für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 erhöht.
- Dienstwagenbesteuerung: Entfall der alternativen Reichweitengrenze von hybriden Fahrzeugen ab dem 1. Januar 2025 sowie Anhebung des Bruttolistenpreises auf nur 70.000 Euro statt 80.000 Euro.
Bereits vor dem 2. Durchgang im Bundesrat im November 2023 zeichnete sich ab, dass das Wachstumschancengesetz in der Länderkammer keine Zustimmung erhalten wird. Zu groß waren die Vorbehalte der Länder angesichts ihrer nicht aufgegriffenen Änderungsvorschläge, der erwarteten Aufkommenswirkung zulasten der Länderhaushalte und auch administrativer Fragen zur Umsetzung der Investitionsprämie. Mit der Einleitung des Vermittlungsverfahrens liegt das Wachstumschancengesetz nun in den Händen der 32 Mitglieder des Vermittlungsausschusses.
Die Verhandlungen gestalten sich schwierig, wozu neben den steuerpolitischen Differenzen auch die verschärfte Haushaltslage nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Zweiten Nachtragshaushalt 2021 beiträgt. Das vorläufige Scheitern des Wachstumschancengesetzes wird von Seiten der – insbesondere unionsgeführten – Länder mit unklaren finanzpolitischen Rahmenbedingungen angesichts des noch immer nicht verabschiedeten Bundeshalts 2024 begründet. Zudem kritisieren die Länder, dass der Bundestag die zahlreichen Änderungsvorschläge des Bundesrates nur punktuell übernommen hat. Aus der Koalition wird CDU/CSU dagegen eine Blockade vorgeworfen.
Aus Sicht des BDI muss das Vermittlungsverfahren zum Wachstumschancengesetz schnell zu einem Ergebnis führen. Die Unternehmen brauchen Rechts- und Planungssicherheit bezüglich der vorgesehenen steuerlichen Entlastungsmaßnahmen, z. B. für die Umsetzung der Investitionsprämie. Bundestag und Bundesrat sind daher gemeinsam in der Verantwortung, einen Kompromiss zu erzielen, um der Wirtschaft mit Investitionsanreizen und verbesserten Unternehmensteuern den Rücken zu stärken. Eine politische Hängepartie über mehrere Wochen würde dem Standort Deutschland sehr schaden und die ohnehin schon große Unsicherheit in der Wirtschaft weiter verstärken.