Revision der REACH-Verordnung – Chemikalienregulierung soll verschärft werden
Mit der Revision der REACH-Verordnung plant die EU-Kommission grundlegende Änderungen in der Chemikalienregulierung, die mit zahlreichen Verschärfungen verbunden sein werden. Dabei sind u. a. folgende Anpassungen geplant:
- Ausweitung der Informationsanforderungenfür die Registrierung von Chemikalien. Für die Registrierung kleinerer Stoffmengen sollen zukünftig höhere Datenanforderungen gelten (Stoffe im Mengenband von ein bis zehn Tonnen). Außerdem soll eine Registrierungspflicht für ausgewählte Polymere eingeführt werden.
- Grundsätzliche Verankerung des „Generischen Ansatzes zur Risikobewertung (GRA)“. Hierdurch soll die Stoffbeschränkung im Schnellverfahren nach Art. 68 (2) der REACH-Verordnung auf weitere Gefahrenklassen und gewerbliche Verwendungen ausgeweitet werden. In Beschränkungsverfahren bei Stoffen mit bestimmten Eigenschaften würde so sowohl auf die verwendungsspezifische Risikobewertung als auch auf eine sozioökonomische Bewertung und die Betrachtung von Alternativen verzichtet werden.
- Reform des Zulassungs- und Beschränkungsverfahrens. Hierbei werden verschiedene Optionen diskutiert, die eine vollständige Abschaffung des Zulassungsverfahrens oder eine Kombination von Zulassungs- und Beschränkungsverfahren vorsehen.
- Einführung eines „Mixture Assessment Factor (MAF)“ zur Berücksichtigung von Kombinationseffekten verschiedener Chemikalien. Hierdurch müssten Expositionswerte, die für einzelne Chemikalien als ausreichend sicher gelten, um einen allgemeinen Faktor reduziert werden.
- Verankerung des „Essential Use Concepts“. Nach diesem Ansatz sollen Ausnahmen von Stoffverboten und Beschränkungen künftig nur noch für Verwendungen gewährt werden, die für die Sicherheit und Gesundheit sowie für das Funktionieren der Gesellschaft essentiell sind.
Diese Maßnahmen werden für die europäische Industrie von hoher Relevanz sein und erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmen und ihre Lieferketten haben.
Schwindende Stoffverfügbarkeit aufgrund der geplanten Verschärfungen
Besonders kritisch sind aus Sicht der Industrie die Abkehr vom risikobasierten Ansatz der Chemikalienregulierung sowie die umfassende Regulierung ganzer Stoffgruppen zu bewerten. Es ist zu befürchten, dass durch diesen Paradigmenwechsel in der europäischen Chemikalienregulierung die Verfügbarkeit von Stoffen stark eingeschränkt wird.
Dies würde erhebliche Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit und die Souveränität der europäischen Industrie haben. Um auch zukünftig innovative Lösungen und gesellschaftlich relevante Technologien (z. B. nachhaltige und CO2-neutrale Technologien) entwickeln und einsetzen zu können, muss es möglich sein, gefährliche Chemikalien herzustellen und zu verwenden, wenn kein Risiko für Mensch und Umwelt besteht. Nur dann kann auch weiterhin die Produktion nachhaltiger Produkte und Wertschöpfung in Europa stattfinden.
Stand des Gesetzgebungsverfahren
Im Frühjahr 2022 hat die öffentliche Konsultation zur Revision der REACH-Verordnung stattgefunden. Der BDI hat sich hieran mit einem umfassenden Beitrag beteiligt (s. Link zur Stellungnahme). Des Weiteren hat die Kommission verschiedene Stakeholder-Workshops zur Vorbereitung des Impact Assessments durchgeführt. Nach Abschluss und Prüfung des Impact Assessments wird die EU-Kommission nun den offiziellen Vorschlag zur Revision der REACH-Verordnung erarbeiten. Dieser soll nach dem letzten Stand des Arbeitsprogramms der EU-Kommission im 4. Quartal 2023 veröffentlicht werden. Danach beginnt dann im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens die Beteiligung von Rat und EU-Parlament, die beide dem Vorschlag der EU-Kommission zustimmen müssen.